APK - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Projekte   Psychisch kranke alte Menschen

Projektbeschreibung (PAD)

                                                                                                                             

 zum Projekt „Psychisch kranke alte und demente Menschen“ (PAD)

 

 

Problemsituation und Anliegen

 

Es gibt mittlerweile viele verschiedene ambulante Hilfen aus unterschiedlichen Leistungsbereichen für alte Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Dazu gehören insbesondere:

·    im SGB V die Bereiche der Krankenbehandlung und der medizinischen Rehabilitation.

·    im SGB XI die Pflegeleistungen und für den stationären Bereich auch die Behandlungspflege

      und die „soziale“ Betreuung.

·    im BSHG sowohl die Bereiche Altenhilfe und Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft als

      auch nachrangig die Leistungsbereiche der Krankenbehandlung, der medizinischen

      Rehabilitation und der Pflegeleistungen.

 

Ferner erhalten Hilfsbedürftige Unterstützung durch Angehörige, durch Nachbarschaftshilfe und durch Inanspruchnahme von nicht professionellen Hilfsmöglichkeiten.

 

Angesichts der demographischen Entwicklung ist in den nächsten Jahrzehnten mit einem erheblichen Anstieg von chronischen Krankheiten, Multimorbidität und psychischen Störungen zu rechnen. Einerseits steigt mit der Lebenserwartung die Zahl hilfebedürftiger psychisch beeinträchtigter alter Menschen, andererseits stehen zukünftig weniger jüngere Angehörige zur Übernahme von Hilfeleistungen zur Verfügung. Dabei ist insbesondere der Personenkreis der psychisch kranken alten Frauen ins Blickfeld zu rücken. Sie sind im Gegensatz zu den Männern häufiger chronisch krank, leben aber länger, so dass sie auch häufiger auf professionelle Hilfe bis hin zum Heimaufenthalt angewiesen sind.

 

Darüber hinaus werden komplexe Hilfeleistungen bisher fast ausschließlich stationär in Heimen und Krankenhäusern angeboten, so dass alte Menschen auch gegen ihren primären Wunsch ihr vertrautes Lebensfeld verlassen müssen, wenn herkömmliche ambulante Hilfen nicht ausreichen. Dadurch werden nicht selten eigene Fähigkeiten untergraben und zusätzliche Desorientierung, Hilfebedürftigkeit und Einschränkung von Selbstbestimmungsfähigkeit herbeigeführt. Hilfsmöglichkeiten aus dem privaten Umfeld (Angehörige, Partner, Nachbarn usw.) werden dadurch behindert oder unmöglich gemacht.

 

Trotz zahlreicher Hilfemöglichkeiten sind die Betroffenen, deren Angehörige und professionelle Dienste (z. B. Hausärzte, Pflegedienste, Sozialdienste, somatische und psychiatrische Krankenhäuser) häufig überfordert, diese Hilfsangebote auf die konkrete Problemlage des Hilfesuchenden zielgerichtet und abgestimmt anzuwenden. Jeder Dienst sieht den Hilfebedarf vorrangig aus seiner jeweiligen Perspektive (angebotsorientierte Hilfeplanung) und keiner geht vom gesamten Bedarf der Person aus. Dadurch bleiben wechselseitige Substitutionsmöglichkeiten der Hilfen untereinander unberücksichtigt. Oft wird dann doch die Problemlösung durch Aufnahme im Heim unvermeidlich, obwohl die betroffene Person, die Angehörigen und beteiligte Dienste eigentlich eine andere Lösung anstreben.

Zentrales Anliegen des Projektes ist daher diese Umsetzungshindernisse im Einzelnen zu eruieren und durch Entwicklung von politischen Handlungsempfehlungen die strukturellen und rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen

·        für personenzentriert integrierte ambulante Komplexleistungen,

·        für die individuelle Leistungserbringung für Personen in ihrem Lebensfeld und

·        für die institutionelle Organisation sowie Steuerung der Hilfeleistungen.

Dabei ist zu berücksichtigen das Frauen im Alter anders als Männer leben: Dies betrifft sowohl ihre Lebenslagen und Lebensstile aus auch die dahinter erkennbar werdenden Lebensläufe und Vergesellschaftungsformen.

 

Leitgedanke ist dabei die Orientierung am konkreten Bedarf der psychisch erkrankten Person und die Realisierung personenzentriert integrierter Hilfen, anstatt der bisher vorherrschenden institutionszentrierten und angebotsgesteuerten Organisation von Hilfen. Das Projekt hat zum Ziel die rechtlichen Möglichkeiten zu schaffen, damit die älteren Menschen mit psychischen Erkrankungen,

a)   die nicht ins Heim wollen und die oder deren Angehörigen mit den bisherigen ambulanten Hilfemöglichkeiten nicht zurecht kommen, zukünftig weiterhin in ihrem vertrauen Lebensumfeld bleiben können,

b)   die im Heim leben, dort die notwendigen Hilfen für ein möglichst selbstbestimmtes Leben erhalten.

 

 

Die Inhalte des Projektes

 

Bei der Entwicklung von politischen Handlungsempfehlungen zur Beseitigung von Umsetzungshindernissen durch politische Steuerung und Änderung rechtlicher Rahmenbedingungen soll der Fokus sein:

 

I.   Allgemeine Bestandsaufnahme und Bündelung der vorliegenden Analysen und

Empfehlungen betreffend

 

  1. die Situation psychisch kranker alter Menschen, die in eigener Wohnung bzw. bei      Angehörigen leben und wohnen bleiben wollen. Hier insbesondere der Menschen bei denen (nach herkömmlicher Problemlösungsstrategie) die Heimunterbringung bevorsteht,
  2. die Situation psychisch kranker alter Menschen, die im Heim leben wollen oder müssen,
  3. die Überprüfung, ob eine Orientierung der Hilfen am individuellen Bedarf erfolgt,
  4. die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung,
  5. die Beziehung zwischen den Leistungsbereichen (z. B. Grundpflege / SGB XI, Krankenpflege / SGB V, medizinische Rehabilitation / SGB V und SGB IX, Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft / BSHG und SGB IX, kommunale und frei-gemeinnützige Angebote der Altenhilfe),
  6. die gesetzlich verankerten Koordinierungs- und Kooperationsvorschriften zu überprüfen und entsprechende Gesetzesänderungen zu bewirken (siehe 4. Altenbericht, insbesondere Kap. 5.5.9)

 

II.  Bewertung von vorbildlichen Lösungen

 

    1.   in Deutschland im Hinblick auf mögliche Referenzwirkung

  1. im benachbarten Ausland im Hinblick auf mögliche Vorbildfunktion           

III. Konzeptionelle Empfehlungen

 

  1. personenzentrierte statt einrichtungsorientierte Organisation der Hilfen (siehe Band 116 II. der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit)
  2. Orientierung am individuellen Hilfebedarf (z. B. personenzentrierte Hilfeplanung unter    Berücksichtigung psychiatrischer, nicht-psychiatrischer medizinischer und sozialer sowie  nicht-professioneller Hilfen)
  3. Alternativen zur Heimversorgung und Wege zu deren Förderung     
  4. Personenzentrierte Organisation der Hilfen im Heim
  5. Verzahnung von Altenhilfe und gerontopsychiatrischer Hilfe unter Verzicht auf        Spezialeinrichtungen
  6. personenzentrierte Qualitätssicherung: Maßnahmearten und Leistungsträgerbereiche übergreifend

IV. Politische Erfordernisse

 

Vor dem Hintergrund der bestehenden Fragmentierung des Gesundheits- und Sozialwesens geht es um folgende Ziele:

 

1.  die Versorgungsangebote in einer Region zielgruppenbezogen bündeln und steuern

     (disparate Versorgungslandschaft überwinden)

2.  Weiterentwicklung der Infrastruktur im Sinne des Grundsatzes ambulant vor stationär

3.  die Umsetzung von gefundenen vorbildlichen Lösungen gesetzgeberisch fördern

4.  die Kooperation und Koordination von Leistungsträgern und Leistungserbringern fördern

5.  die rechtlichen Voraussetzungen zur Finanzierung von ambulanten Komplexleistungen aus einer Hand zu schaffen, die ggf. auch in Verbindung mit Wohnen im Heim genutzt

            werden

 

 

Begründung

 

Es gibt inzwischen mehrere Beispiele (z. B. KDA-Hausgemeinschaften und ‚Wohnen mit Betreuung’ in Deutschland, ‚Cantous’ in Frankreich, und ‚Pflegewohnungen’ in der Schweiz[1]) für bedarfsgerechte und personenorientierte Hilfeerbringung für ältere psychisch kranke Menschen. Diese können meist nur schwierig und unter besonderen Umständen realisiert werden. Häufig ist dazu große administrative Kreativität und Risikobereitschaft erforderlich.

Deshalb ist die Intention des Projektes, die Schwierigkeiten infolge der Fragmentierung des Systems der sozialen Sicherung für die Personengruppe der älteren psychisch kranken Menschen zu beseitigen und Umsetzungshindernisse für gute Konzepte auszuräumen.

 

Dabei geht es nicht um Leistungsausweitung, sondern darum die Qualität der Versorgung zu verbessern und Ressourcen zu schonen, indem die vorhanden ambulanten Hilfen zielgerichtet auf den individuellen Bedarf der Hilfesuchenden gebündelt werden. In diesem Kontext ist im Sinne des Gender Mainstreaming auf die entsprechende Differenzierung der Bedarfsituation von älteren psychisch kranken Frauen durch konkrete Handlungsempfehlungen hinzuwirken.

 

Im Heim werden die verschiedenen Hilfen, die eine Person benötigt, durch die Institution koordiniert. Im ambulanten Bereich kommen diejenigen Personen, die nur wenige verschiedene Hilfeformen benötigen (z. B. ambulante Behandlung durch Hausarzt und/oder Facharzt sowie Grundpflege), noch meist gut zurecht. Sind jedoch mehrere Hilfen (z. B. ambulante (psychiatrische) Behandlungspflege, ambulante Grundpflege, hauswirtschaftliche Hilfe Ergotherapie, Sozialarbeit, Hilfe zum Lebensunterhalt usw.) gleichzeitig oder in Folge notwendig, findet in der Regel keine Koordination und Abstimmung der verschiedenen Hilfen statt. Meist gibt es aufgrund fehlender Zuständigkeit und Fachkompetenz keine Person, die ausgehend vom individuellen Hilfebedarf in Kenntnis der verfügbaren Möglichkeiten einen zielgerichteten individuellen Hilfeplan zusammen mit dem Hilfebedürftigen und ggf. seinen Angehörigen aufstellt und seine Durchführung steuert. Dies führt zu Über-, Unter- und Fehlversorgung.

 

Im fragmentierten Systemen der sozialen Sicherung hat jeder Leistungsträger nur seine Zuständigkeit im Blick und hat zur Kostenschonung ein Interesse daran, dass der Hilfesuchende so schnell als möglich seinen Zuständigkeitsbereich verlässt. Es gibt bisher keine Leistungsträger übergreifende Zuständigkeit, die die Qualität und den Ressourcenverbrauch bei der Versorgung sowohl bezogen auf einzelne Personen als auch in Bezug auf die Region und die Volkswirtschaft im Blick hat.

 

Die jüngsten sozialrechtlichen Reformen der Bundesregierung weisen bereits in die Richtung, Hilfeleistungen zu flexibilisieren und die Koordination von ambulanten Komplexleistungen zu stärken. So wird beispielsweise durch die vorgesehenen Regelungen im SGB XII-Entwurf das persönliche Budget aufgewertet und als trägerübergreifendes persönliches Budget ausgestaltet. Von zentraler Bedeutung sind dabei die Ergänzung und Präzisierung des § 17 SGB IX sowie die hierzu vorgesehene Budgetverordnung und die explizite Berücksichtigung des persönlichen Budgets in den einzelnen Leistungsgesetzen. Die sozialrechtlichen Entwicklungen müssen allerdings insbesondere für den Personenkreis der psychisch kranken älteren Menschen konkret anwendbar gemacht werden und kontinuierlich fortentwickelt werden. Das gleiche gilt für Regelungen des SGB V (z. B. Integrierte Versorgung, Disease Management).

 

 

Vorgehen

 

Vor 30 Jahren wurde von der Bundesregierung eine Sachverständigenkommission „Zur Lage der Psychiatrie in der BRD – Zur psychiatrischen und psychotherapeutisch/psycho-somatischen Versorgung der Bevölkerung“ mit der Aufgabe einer umfangreichen Untersuchung der psychiatrischen Versorgung eingerichtet. Die Leitung wurde Prof. Dr. Caspar Kulenkampff, stellvertretender Vorsitzender der Aktion Psychisch Kranke, übertragen. Die Geschäftführung der Sachverständigenkommission erhielt die Aktion Psychisch Kranke. Der Bericht dieser Sachverständigenkommission, formal unzutreffend als ‚Psychiatrie-Enquete’ bezeichnet, wurde 1975 im Bundestag zustimmend zur Kenntnis genommen und hat seither die Entwicklung der psychiatrischen Versorgung entscheidend geprägt. Wohl kaum eine Empfehlung einer Expertenkommission hat so langfristig wegweisende Bedeutung behalten. (Allerdings war bei der „Enquete“ der Fokus umfassend und die Expertenkommission musste umfangreiche Erhebungen durchführen).

 

Diesem Vorbild folgend will die Aktion Psychisch Kranke nun politische Handlungsempfehlungen „Zur Situation von alten Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen – Bestandsaufnahme und Empfehlungen zur Organisation und Finanzierung von Hilfen“ erarbeiten. Die Aufgabe soll insbesondere sein, ausgehend von den aktuellen, schon vorliegenden Expertenberichten politische Handlungsempfehlungen zur sozialrechtlichen und administrativen Umsetzung personenzentrierter Konzepte bei Hilfen für psychisch kranke alte Menschen zu formulieren. Dabei wird von bestehenden positiven Beispielen ausgegangen.

 

Mit ausreichender wissenschaftlicher Zuarbeit soll innerhalb von 30 Monaten (2 ½ Jahren) ein Bericht erstellt werden, der mit einer Situationsanalyse und einem Empfehlungskatalog den zuständigen Bundestagsausschüssen (Gesundheit, Familie und Senioren) und dem Bundestag eine Beratungsgrundlage über weitere Maßnahmen schafft. 

 

Zur Durchführung des Projekts soll eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die das Projekt leitet, den Empfehlungskatalog erstellt und die inhaltliche Verantwortung übernimmt. 

Zu spezifischen Themenbereichen, wie z. B. vorbildliche Konzepte und Lösungen, sozialrechtliche Hindernisse bzw. Erfordernisse, sollen ggf. Unterarbeitskreise unter Einbezug von Experten gebildet werden.

 

Daneben ist vorgesehen eine Expertengruppe zu bilden, die die Arbeitsgruppe berät und zur Erstellung sinnvoller Handlungsempfehlungen beiträgt. .

 

Darüber hinaus sollen zu speziellen Aspekten Workshops unter Einbeziehung der Nutzer, Leistungsträger, Leistungserbringer, Gesundheits- und Sozialverwaltung insbesondere Planer und Koordinatoren durchgeführt werden. Die Auswertung vorliegender Expertenberichte und die Sichtung von Empfehlungen und modellhaften Erprobungen zur Bildung von Kernthesen und politischen Handlungsempfehlungen erfolgen im Rahmen der wissenschaftlichen Mitarbeit unter Federführung der Projektarbeitsgruppe.

 

Projektträger wird die Aktion Psychisch Kranke e.V. Die Projektleitung übernimmt Frau Regina Schmidt-Zadel, Stellvertreter Prof. Dr. Heinrich Kunze. Mit der wissenschaftlichen Mitarbeit wird Frau Birgit Weißleder beauftragt.

 

Der Fach- und Informationsaustausch mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung wird kontinuierlich sichergestellt.



[1] Siehe: Neue Wohnkonzepte für das Alter und praktische Erfahrungen bei der Umsetzung – eine Bestandsanalyse – Zwischenbericht, KDA, Köln August 2003

 
Symbol Weitere Projektbeiträge
  • Projekt - Implementation personenzentrierter Hilfen für psychisch kranke alte Menschen (2011-2013)
  • Projekt - Handlungsempfehlungen zur Organisation und Finanzierung von personenzentrierten Hilfen für psychisch kranke alte und demenzkranke Menschen (PAD)(2007-2009)
  • Tagungsband - Alte Menschen mit psychischen Erkrankungen
  • Bericht zum Projekt (PAD) (Januar 2007)
  • Projektskizze (PAD)
  • Arbeitsgruppe (PAD)
  • Expertengruppe (PAD)
  • Vorträge und Veröffentlichungen
 
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